Naturschutzgebiet Wolferskopf
Natur schützen – Natur nützen, so lautet das ungewöhnliche Motto eines der größten Naturschutzgebiete im südwestdeutschen Raum, dem „Wolferskopf“ der Gemeinde Beckingen. Von den über 450 Pflanzenarten am Wolferskopf stehen 54 auf der roten Liste der im Saarland bedrohten Arten. Auch die europaweit vom Aussterben bedrohte Gelbbauchunke oder der sogar weltweit geschützte Feuerfalter haben hier einen sicheren Lebensraum gefunden.
Doch findet im 337 ha großen Naturschutzgebiet auch der Mensch seinen Platz und auch sein Auskommen. Ein anerkannter Biolandbetrieb bewirtschaftet ohne den Einsatz von Kunstdünger oder Pestiziden rund 15 ha Ackerland und 60 ha Wiesen. Die artgerecht gehaltenen Vogesenrinder beweiden etwa 25 ha Grünflächen und tragen damit auch zur Pflege der Magerrasen bei.
Auch 2.000 Streuobstbäume gehören zum Bild des Wolferskopfes. Von zwei Obstbauern im Nebenerwerb bewirtschaftet liefern sie nicht nur Tafelobst, sie stellen auch den Rohstoff für naturtrüben Apfelsaft, Apfelessig und Apfelschnaps. Der Plan Naturschutz und Landnutzung sinnvoll miteinander zu verbinden wird durch dieses Bewirtschaftungskonzept auf hervorragende Art und Weise umgesetzt.
Seit 1988 hat der „Zweckverband Naturschutzgebiet Wolferskopf“ die Trägerschaft und somit die Verantwortung übernommen. Die Ursprünge des Naturschutzes im Haustadter Tal liegen aber viel, viel weiter zurück.
Schon 1926 riet der Botaniker Heinrich Andres aus Bonn seinem Studenten Paul Haffner „vom Fischerberg zum Hangelberg weiter nach Osten und immer am Südhang entlang“ zu wandern. Er würde dabei Pflanzenarten begegnen, die aus dem Süden und Westen Europas eingewandert sind.
Fasziniert von der einmaligen Flora und Fauna führte Haffner, inzwischen selbst Studienrat in Merzig, ab 1934 pflanzensoziologische und -geologische Untersuchungen durch. Diese führten schließlich 1938 dazu, dass das von Haffner „Wolferskopf“ genannte Gebiet erstmals als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Doch erst 1959 wurde der Name festgeschrieben. Nach zwei Erweiterungen 1987 und 1995 hat das Naturschutzgebiet seine heutige Größe von 337 ha erreicht.
1989 wurde der Wolferskopf als erstes saarländisches Projekt in das Bundesprogramm zur „Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung“ aufgenommen. Hinter diesem „beamtendeutschen“ Titel verbargen sich natürlich Fördermittel. Ab 1994 gab es rund 3,44 Mio DM. 75% davon übernahm der Bund, 10 % das Land und 15 % der Trägerverein. Mit diesen Mitteln konnten die zum Teil stark verbuschten Kalk- und Trockenwiesen und die aufgelassenen Steinbrüche wieder freigestellt werden. 950 alte Obstbäume wurden erstgepflegt, 450 junge neu gepflanzt, damit die Landschaft in ihrer ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt. Denn nach dem allmählichen Rückzug der sogenannten „Bergmannsbauern“ in den 60-gern wurden die Salbei-Glatthaferwiesen und Kalk-Halbtrockenrasen mehr und mehr von Büschen überwuchert.
Doch gerade die sind Lebensraum für viele, zum Teil vom Aussterben bedrohte Pflanzen und Tiere. Allein 30 verschiedene Orchideenarten sind am Wolferskopf zu finden. Das Übersehene Knabenkraut (Dactylorhiza praetermissa) z.B. gibt einem kleinen Quellsumpf nationale Bedeutung. Denn nur hier und an gerade mal 2 weiteren Stellen deutschlandweit kommt es noch vor.
Auch der Fransen-Enzian (Gentianella ciliata) oder die Gelbe Spargelerbse (Tetragonolobus maritimus) haben sich hier angesiedelt.
Neben der bedrohten Gelbbauchunke und dem Großen Feuerfalter können am Wolferskopf vor allem auch Vögel beobachtet werden.
Über 60 Arten sind hier zu Hause, vor allem viele Hecken- und Gebüschbrüter. Der Charaktervogel des Wolferskopfes ist der Neuntöter. Über 30 Paare ziehen hier ihre Jungen auf. Aber auch Grünspecht, Hohltaube oder Wendehals fühlen sich wohl.
Auch zahlreiche Kleintiere haben am Wolferskopf Zuflucht gefunden. 23 Heuschreckenarten wurden gezählt, darunter die bundesweit seltenen Warzenbeißer (Decticus verrucivorus) oder der Buntbäuchige Grashüpfer (Omocestus rufipes).
Auch gut die Hälfte aller im Saarland lebenden Falterarten findet man am Wolferskopf. So lieben z. B. der Zwerg-Bläuling (Cupido minimus), der Thymian-Ameisen-Bläuling (Maculinea arion) oder der Kreuzdorn-Zipfel-Falter (Satyrium spini) die Wärme und Trockenheit der Wiesen am Fischerberg. 15 Säugetierarten und 5 Kriechtierarten – darunter die ebenfalls bedrohten Ringel- und Schlingnattern – runden das farbenprächtige Bild dieser struktur- und artenreichen Landschaft am Wolferskopf ab.